Kraftvoll(e) Strukturen gestalten

Eine Weiterbildung zur Stärkung von vielfalt- und beziehungsorientierten Strukturen in zivilgesellschaftlichen Organisationen

4-teilige Weiterbildung
29./30.04.24 (Mo./Di.) Einführung in Konflikte rund um Werte und Struktur
06./07.06.24 (Do./Fr.) Konflikte rund um Zugehörigkeit und Raum
08./09.08.24 (Do./Fr.) Konflikte rund um Rollen und Macht
02./03.09.24 (Mo./Di.) Konflikte rund um Güter und Zeit
jeweils 9 bis 17 Uhr
in der Kulturwerkstatt Villa KAOS
Wasserstraße 18, 04177 Leipzig
Die Anmeldung für die Reihe ist weiterhin möglich, auch wenn der erste Termin schon vergangen ist.

Viele Organisationen treten für den Wert der Vielfalt ein – sowohl auf gesellschaftlicher Ebene als auch in ihrem Innenleben. Damit Diversität nicht zur Floskel wird, brauchen Vereine und Initiativen eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Unterschieden in ihren eigenen Reihen. Diese Auseinandersetzung ist in der Regel mit Konflikten, etwa rundum Fragen von Zugehörigkeit, Macht oder Güterverteilung verbunden, und wird daher häufig vermieden. In unserer Weiterbildungsreihe betrachten wir diese Konflikte als strukturelle Entwicklungsthemen in Organisation. Wir beschäftigen uns mit den Ursachen dieser strukturellen Konflikte und erarbeiten Wege ihrer konstruktiven Bearbeitung, die zur beziehungs- und vielfaltorientierten Weiterentwicklung von Vereinen und Organisationen führen.

Zielgruppe
Die Weiterbildung richtet sich an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen von NGOs und Vereinen.
Trainer*innen
Lukas Perka und Julia Legge
Anmeldung
per E-Mail an info(ät)konfliktpotential.org
Kosten
360 Euro (für Organisationen)
240 Euro (regulär)
120 Euro (knapp bei Kasse)
Organisationen, die knapp bei Kasse sind, können gerne zu den Kosten mit uns ins Gespräch gehen.

Die Frage, wie viel ich von mir zeige, wirkt auf den ersten Blick nach einer individuellen Herausforderung an die Mitglieder einer Gruppe. Tatsächlich ist sie aber vor allem von strukturellen Faktoren abhängig. Damit wir im Team und nach außen in unserer Vielfalt sichtbar werden können, brauchen wir Strukturen, in denen Sicherheit und gegenseitiges Vertrauen bestehen. Sicherheit schaffen Organisationen durch einen klaren formalen Rahmen mit geklärten Rollen, transparenten Entscheidungsverfahren und geteilten Zielen. Vertrauen hingegen können wir nicht verordnen; es entsteht auf der non-formalen Ebene der Beziehungen zwischen den Gruppenmitgliedern.

Vorherrschend sind aktuell Organisationslogiken, deren Fokus auf der Wirksamkeit im Außen liegt und die dafür vor allem für Effizienz durch klare Formalisierung sorgen. Hier wird von den Einzelnen viel „Funktionieren“ verlangt; für die Individualität ihrer Mitglieder und die Beziehungen zwischen ihnen besteht in der Regel wenig Raum. Das Arbeiten im Funktionsmodus erleben viele auf die Dauer in Form von Leere, Unverbundenheit und zunehmender Erschöpfung. Andere Organisationen, die auf das Miteinander großen Wert legen, gehen in eine Gegenbewegung und verzichten weitestgehend auf die Klärung formaler Rahmenbedingungen. Diese Überfokussierung der non-formalen Dynamiken führt häufig zu hoch dramatischen, eskalativen Konflikten mit großem Verletzungspotential.

Der Weg zu einer Organisationskultur, in der wir mit unseren Unterschieden akzeptiert und anerkannt werden und zugleich konstruktiv und wirksam zusammenarbeiten, ist unweigerlich von vielen Konflikten begleitet. Zwischen den formalen und den non-formalen Strukturebenen, zwischen unseren Bedürfnissen nach Sicherheit und nach Gesehenwerden, nach gemeinsamem Vorankommen und notwendigen Beziehungsklärungen bestehen Spannungen, die sich nicht auflösen lassen. Die Herausforderung besteht darin, diese Spannungen wahrzunehmen und einen strukturellen Rahmen zu schaffen, in dem die damit einhergehenden Konflikte konstruktiv ausgetragen werden können. Impulse zur Gestaltung von Strukturen zu geben, die diese Prozesse ermöglichen, ist unser Ansatzpunkte für vielfalt- und beziehungsorientierte Veränderungsprozesse von Organisationen und das Ziel unserer Weiterbildungsreihe.

Wir haben keinen Masterplan für die perfekte Struktur, sondern laden vor allem dazu ein, uns selbst in unseren Arbeitsstrukturen wahrzunehmen. Dafür setzen wir uns mit den sechs strukturellen Konfliktfeldern Raum, Zugehörigkeit, Rollen, Macht, Zeit und Güter auseinander und betrachten jeweils, welche Konflikte hier auftauchen und welche Hebel wir in der Hand haben, um Strukturen in Richtung größerer Vielfalt- und Beziehungsorientierung zu gestalten. Wir arbeiten mit wahrnehmungsbasierten Methoden, die einen Zugang zur aktuellen Situation in unseren Organisationen ermöglichen, und gruppendynamischen Übungen, die die Strukturthemen im Miteinander in der Seminargruppe erfahrbar machen.

Zum Aufbau der Reihe

Dazu beginnen wir (Seminar 1) zunächst bei einer ganz grundlegenden Frage: Warum bin ich überhaupt hier in genau dieser Organisation? Welche biografischen Erfahrungen und welche meiner Werte führen dazu, dass ich mich hier einbringen will? Diese Besinnung auf den eigenen Antrieb gibt Orientierung für unser Handeln und die Beschäftigung mit dem Organisationsumfeld, in dem es stattfindet. Die Strukturen werden an Sinn und Werte gebunden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sie Diversität ermöglichen sowie unsere Wirksamkeit und unser Wohlbefinden stärken.

Nach diesem Einstieg werfen wir in den folgenden Teilen der Weiterbildung einen differenzierten Blick auf die eigenen Strukturen. Wir laden ein, innezuhalten und wahrzunehmen, was uns in unseren Organisationen Kraft gibt und was uns Kraft zieht. Mit unserem Hintergrund als Trainer*innen in Konfliktbearbeitung geben wir verschiedene Impulse zum tieferen Verständnis der Themen und Konflikte, die in den Strukturen auftauchen. Geht es um Fragen von unsicherer Zugehörigkeit oder offenem Ausschluss? Landen wir immer wieder in Rollen, die uns wohlbekannt sind, aber überhaupt nicht gut tun? Wie wirken gesellschaftliche Machtverhältnisse in unser Rollensystem als Team hinein? Erleben wir Willkür und Zwang oder Formen von Manipulation und Kontrolle? Lähmen uns unerreichbare Ideale oder gibt es Tabus im Miteinander, die uns belasten oder einengen?

Wir werden den Ebenen von Raum und Zugehörigkeit (Seminar 2), Rollen und (Gestaltungs-)Macht (Seminar 3) sowie von Zeit und Ressourcen (Seminar 4) jeweils ein Seminar widmen und dabei einen immer tieferen Zugang zur Komplexität der Strukturkonflikte gewinnen. Zugleich eröffnet sich durch diesen aufblätternden Blick auch eine Vielfalt an Bearbeitungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, die zum Abschluss der Reihe im Fokus stehen werden. Am Ende der Weiterbildung geht es uns darum, herauszufinden, welche Veränderungen wir in unseren Strukturen brauchen und uns bewusst zu werden, was wir in der Hand haben, um diese anzugehen.